Sehr geehrte Damen und Herren,
der Antrag zur Umgestaltung des Albaniplatzes vom 19.11.2020 beinhaltet – wie schon ein Antrag von SPD und Bündnis 90 / DIE GRÜNEN in 2019 – die Streichung sämtlicher Parkplätze auf dem Albaniplatz. Hierzu nehmen wir im Folgenden abermals Stellung:
Unsere Position
Pro City e.V., die Interessenvertretung von über 200 Akteuren in der Göttinger Innenstadt, spricht sich gegen den Antrag von SPD und Bündnis90 / DIE GRÜNEN vom 19.11.2020 zur autofreien Umgestaltung des Albaniplatzes aus.
Der Antrag sieht vor im Zuge der Umgestaltung des Albaniplatzes sämtliche Parkplätze (mehr als 100) ersatzlos zu streichen. Diesem Plan widersetzen wir uns vehement.
Auch wenn der beantragte Plan erst in einigen Jahren umgesetzt werden soll und dessen Auswirkungen erst dann zum Tragen kommen sollen, sendet er heute, wo der stationäre Einzelhandel und die Gastronomie in der Innenstadt durch die Corona-Beschränkungen vor außergewöhnlich großen Herausforderungen stehen und einige Akteure um die Zukunft Ihrer Existenz bangen müssen, ein Signal, das für große Verunsicherung und Unverständnis sorgt.
Unsere Argumentation
Der Antrag bedroht die Zukunft unserer Innenstadt.
Die Attraktivität und Lebendigkeit der Göttinger Innenstadt hängt davon ab, dass viele Besucher unabhängig vom Alter, körperlicher Verfassung oder Wohnort dorthin kommen können.
Dass attraktiver Einzelhandel und Gastronomie sowie ein breites Angebot an spezialisierten Ärzten und Dienstleistern auch in Zukunft in der Göttinger Innenstadt angeboten werden können, hängt von der Anzahl und der Qualität ihrer Besucher/Kunden ab.
Ob diese Menschen auch weiterhin zu uns nach Göttingen kommen werden, hängt unmittelbar mit der Erreichbarkeit der Innenstadt zusammen.
Die Größe Göttingens und ihre Funktion als Oberzentrum macht es zwingend erforderlich, dass Besucher aus dem Umland, wie dem Landkreis Göttingen und darüber hinaus, zu uns kommen. Dies ist heutzutage in vielen Fällen ohne PKW nicht möglich. Die Abschaffung des Parkraums auf dem Albaniplatz führt zu einer derartigen Verschlechterung der Erreichbarkeit, dass sie existenzbedrohend ist.
Hierzu haben wir schon in der Vergangenheit mehrfach Stellung genommen und auf die Ergebnisse diverser Studien hingewiesen, die die Bedeutung der guten Erreichbarkeit einer Innenstadt für alle Besucher für deren Zukunft nachgewiesen haben. Hier noch einmal eine Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse:
- Die Händler der östlichen Göttinger Innenstadt rechnen mit erheblichen bis existenzgefährdenden Umsatzrückgängen, sollten die Parkplätze entlang der östlichen Parkschleife und auf dem Albaniplatz abgeschafft werden. Auf einer Skala von 0 = Geschäft muss schließen bis 10 = deutliche Belebung erwarten die 40 befragten Betriebe existenzbedrohende Umsatzrückgänge (Durchschnitt: 2,1) und daraus resultierend den Verlust von Arbeitsplätzen.
- Bei einer repräsentativen Befragung der Besucher der Göttinger Innenstadt aus dem Jahr 2016 wurde die Erreichbarkeit mit dem PKW und die Parkmöglichkeiten – auch im Vergleich zu Städten vergleichbarer Größe – sehr schlecht bewertet. Flair und allgemeines Ambiente hingegen waren überdurchschnittlich positiv.
- Kunden, die mit dem Auto in die Stadt fahren, haben eine deutlich höhere Kaufquote als Radfahrer oder Fußgänger. Sie lassen pro Besuch das meiste Geld in der Stadt.
Unsere Forderungen
- Ein dynamisches Parkleitsystem um die Parkplätze in Göttinger ohne unnötigen Parksuchverkehr erreichbar zu machen.
- Eine Tiefgarage unter dem Albaniplatz, auch mit Beteiligung der Stadt Göttingen, um den Einzelhandel in der Innenstadt zu fördern und gegenüber der Grünen Wiese, benachbarter Städte und dem Online-Handel zu stärken.
- Ein ganzheitliches Mobilitätskonzept für Göttingen inklusive des Umlandes.
- Eine auto-arme Innenstadt ohne Abkürzungsverkehr über den Busring und ohne ganztägigen Lieferverkehr in der Fußgängerzone.
- Neue Parkhäuser rund um den Wall, z.B. Bürgerstraße, zwingend in der Nähe der Stadthalle und am Weender Tor.
Unsere Frustration
Wir haben diese Argumente in den vergangenen Jahren bereits mehrfach ausgeführt, unsere Mitarbeit bei der Erarbeitung alternativer Verkehrskonzepte wiederholt angeboten und diverse Vorschläge zu der auch von uns gewünschten Reduzierung des motorisierten Verkehrs in der Innenstadt unterbreitet. Keines dieser Angebote und Vorschläge ist bisher von den antragstellenden Akteuren aufgegriffen worden. Vielmehr wird unverändert und singulär die Abschaffung von Parkplätzen gefordert, ohne an dringend erforderlichen Alternativen zu arbeiten.
In der Bauausschuss-Sitzung vom 24.10.2019, in der der Antrag von SPD und Bündnis 90 / DIE GRÜNEN die Parkplätze in Theater-, Burg- und Wilhelmsstraße sowie auf dem Albaniplatz zu streichen, beraten wurde, wurde beschlossen, dass zunächst „für Poller und Verlagerung des Wochenmarktes Lösungen gefunden werden müsste und konkrete Zahlen für die Tiefgarage am Albaniplatz ermittelt werden müsste.“ (Protokoll der 46. Sitzung des Ausschusses für Bauen, Planung und Grundstücke 24.10.2019).
Weder für die Poller noch für die Verlagerung des Wochenmarktes sind bisher Lösungen gefunden und auch die konkreten Zahlen für die Tiefgarage unter dem Albaniplatz liegen nicht vor.
Außerdem wurde von der SPD beschwichtigt, dass „es natürlich erst andere Parkmöglichkeiten geben müsse, bevor die Parkplätze [am Albaniplatz] abgeschafft werden könnten“ (Bauausschuss vom 24.10.2019 und Göttinger Tageblatt vom 23.11.2020). Diese Zusage findet sich allerdings nicht im vorliegenden Antrag wieder.
Ein Blick über den Tellerrand
Die Konsequenzen, die der Wegfall der Albaniplatz-Parkplätze
- für die Besucher – und in der Folge auch für die Veranstalter – von kulturellen Veranstaltungen in der Stadthalle, dem Deutschem Theater, der Aula und Mensa der Universität am Wilhelmsplatz und vielen weiteren Kutureinrichtungen, für die Patienten der über 100 Ärzte und deren Praxen
- die Klienten von Anwaltspraxen und weiteren Dienstleistern innerhalb des Walls haben werden,
werden von deren Vertretern in separaten Stellungnahmen ausgeführt.
Für die Zukunft der Göttinger Innenstadt,
Susanne Heller und Robert Vogel